Verschiedene Schmerzen, verschiedene Substanzklassen: Um bestmöglich von Schmerzmitteln zu profitieren, sollte man wissen, wie deren Wirkstoffe richtig eingesetzt werden. Denn ob chronische Schmerzen oder gelegentliche Wehwehchen, der Griff zur Schmerztablette oder zu entsprechenden Tropfen wird heutzutage viel zu schnell getan, ohne zu wissen, wie die Substanzen wirklich wirken und ob Wirkung und Nebenwirkung nicht im Ungleichgewicht stehen.
Fluch oder Segen, so oder ähnlich könnte man die Nutzung schmerzstillender Präparate bezeichnen, denn durch falsche Einnahme und sorglose Eigen-Dosierung gerät manch einer in ein regelrechtes Abhängigkeitsverhältnis oder schadet Magen, Schleimhaut und Nieren massiv. Lieber einmal eine Tablette weniger als eine zu viel. Lieber mal den Ursachen auf den Grund gehen oder auch das seelische Gleichgewicht prüfen. So lauten die Empfehlungen von Ärzten und Psychologen, die einen Trend zum leichtfertigen Umgang feststellen. Dabei gibt es seit etwa 5.000 Jahren Erkenntnisse über den Anbau von Pflanzen, die als Schmerzmittel genutzt wurden. Schlafmohn beispielsweise, dessen Milchsaft zur Linderung von Schmerzen eingenommen wurde, gab es im Gebiet des heutigen Irak schon zu jener Zeit. Im Jahr 1804 entdeckte der deutsche Apotheker Friedrich Sertürner die Reinsubstanz Morphin, ein wichtiges Medikament in der modernen Schmerztherapie. Mittlerweile abgelöst durch synthetische Opioide, die tausendfach stärker sind.
Als Basis der medikamentösen Schmerztherapie dient der dreistufige WHO-Leitfaden: Er rät bei leichten Schmerzen zu Substanzen wie Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen und Paracetamol. Bei moderatem bis starkem Schmerz zu schwach wirkenden Opioiden und bei extremen Schmerzen zu stark wirkenden Opioiden – in Verbindung mit den passenden Begleitsubstanzen. Dieses Schema dient allerdings nur zur groben Orientierung. Es gilt, dass die Schmerzmittel sich am besten eignen, die in Anhängigkeit von der jeweiligen Krankheit und deren Schmerzursachen verschrieben werden. Doch Medikamente sind nicht die einzigen Mittel gegen den Schmerz. „In vielen Fällen sind andere Verfahren langfristig wirksamer und auch besser verträglich“, urteilt Professor Häuser von der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft. Physiotherapie und Reha-Sport können zum Beispiel vieles verbessern.
Schmerzmittel sind oft das letzte Mittel, um wirklich bei hartnäckigen und krankheitsbedingten Schmerzen zu helfen, aber bei falscher Dosierung und zu häufiger Anwendung drohen ersthafte Gefahren. So sind seit dem Jahr 1999 beispielsweise in den USA Studien zufolge fast 932.000 Menschen an den Folgen einer Überdosis von Medikamenten und anderen Drogen gestorben. Die meisten Opfer waren abhängig geworden von Schmerzmitteln, die Ärzt:innen ihnen leichtfertig verschrieben hatten (US-Behörde Centers for Disease Control und Prevention CDC). Dieses Phänomen ist in Amerika als die Opioidkrise bekannt. Auch in Deutschland, so heißt es, verwenden viele Menschen diese Medikamente auf Opioid-Basis nicht sachgemäß. Dabei gibt es andere Gründe für Schmerzen: „Bei chronischem Schmerz sind oft Aktivitätsmuster von Nerven im Gehirn und Rückenmark verändert“, erklärt Herta Flor, Professorin am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim. Der Schmerz hat sich sozusagen verselbstständigt und im Gedächtnis verankert, kann aber auch wieder „verlernt“ werden.
Wer Schmerzmittel einsetzt, sollte wissen, woher die Schmerzen kommen, welcher Art sie sind und wie krank der Patient oder die Patientin ist. Diese sollten nur so kurz wie möglich und in der am niedrigsten wirksamen Dosis angewandt werden. Denn sie haben alle Nebenwirkungen und können mit anderen Medikamenten wechselwirken. Auch der Einfluss der Psyche spielt in der Schmerztherapie eine Rolle. Experten arbeiten heutzutage dabei mit einem sogenannten biopsychosozialen Modell der Schmerzentstehung. Es berücksichtigt außer den biologischen – also körperlichen Ursachen- auch die psychischen und sozialen Einflüsse. In der Regel sind diese direkt miteinander verbunden. So hat die Psyche besonders bei chronischen Schmerzen großen Einfluss auf das Empfinden. Bedeutet am Ende: Dem Laien dürfte es kaum gelingen, in Eigenregie Schmerzmittel erfolgreich einzusetzen, wenn die Ursache von Schmerzen in Korrelation von Psyche und Krankheit pathologischen Ursprung haben und schulmedizinisch behandelt werden müssten.