Die Testflüge mit dem neuen Airbus A321XLR beginnen bereits dieses Frühjahr. Konkurrenten wie Boeing können dem neuen Modell mit 8700 Kilometern Reichweite vorerst nichts entgegensetzen. Das neue Modell wird voraussichtlich im kommenden Jahr erscheinen.
Die erste von drei Maschinen der neuen Baureihe stehen in der Hamburger Airbus-Werft zum Testflug bereit. Zwar ist die A321XLR genauso lang und dünn wie die Vorgängermodelle, doch der Zusatztank im Rumpf ermöglicht der Maschine eine Reichweite von 8700 Kilometern.
Obwohl die Maschinen der A320-Reihe erst als Kurz- und Mittelstreckenjets angedacht wurden, kann man mit dem Zusatztank nun Kontinente wie Europa und die USA, Asien oder Australien miteinander verbinden – und das ohne Weiteres. Michael Menking, Programmleiter der A320-Familie sieht in der neuen Reihe eine Revolution: „Mit diesem Flugzeug sind Flüge von mehr als zehn Stunden möglich“. „Man kann die A321XLR aber auch extrem flexibel einsetzen – von der Kurz- bis zur Langstrecke“, fügt er hinzu.
Mit der A321XLR will Airbus den Trend der Langstrecke weiter etablieren und Fluggesellschaften dazu bringen, mit relativ kleinen, zweistrahligen Flugzeugen neue Direktverbindungen zu testen – das auch jenseits der großen Flughafen Drehkreuze. Mit dem Bau des größten Passagierflugzeuges A380 erhoffte sich der Flugzeughersteller Airbus, dass der Verkehr zwischen Metropolen wie Frankfurt und Shanghai oder Los Angeles, wachsen würde. Allerdings gilt das Projekt A380 weitestgehend als gescheitert. Die meisten Fluggesellschaften musterten die Maschine wieder aus. Grund dafür sei unter anderem die gesunkenen Passagierzahlen im Zuge der Pandemie.
Die A321XLR soll aber nun eine andere Logik verfolgen. „Mit der A321LR sind im Langstreckenbereich neue Strecken überhaupt erst geschafften worden. Diesen Trend sehen wir mit der A321XLR umso mehr“, so Menking. „Wir helfen den Airlines mit diesem Flugzeug, die Branchenkrise zu überwinden, die durch die Pandemie verursacht worden war. Die A321XLR ist für viele Fluggesellschaften die Antwort auf die Krise“. Dabei sei der Erstflug der neuen Maschine für das zweite Quartal 2022 geplant und die erste Auslieferung an Fluggesellschaften für 2023.
Die Einführung 2023 wird strategisch
Der Zeitpunkt der Einführung der A321XLR wurde von der Firma Airbus strategisch gewählt. Es ist ein Zeitpunkt, der für den US-amerikanischen Hauptrivalen Boeing extrem ungünstig ist: „Boeing hat dieses Segment früher für sich allein gehabt – mit der Boeing 757, die auch heute noch in Nischenmärkten von US-Fluggesellschaften zwischen Nordamerika und Europa eingesetzt wird“, gibt Luftfahrtexperte Cord Schellenberg preis. Airbus könnte das wachsende Segment der Langstreckenflugzeuge für lange Zeit dominieren: „Die A321XLR wird die B757 ablösen. Sie wird zu mehr Nonstop-Flügen zu Flughäfen in der zweiten Reihe führen. Davon werden sowohl die Privat- als auch die Geschäftsreisenden profitieren“, so Schellenberg. Darüber hinaus bietet die A321XLR Flughäfen wie Hamburg und Berlin eine Chance, „auch Langstreckenflüge mit der vorhandenen Nachfrage aus der Region auszulasten“. Bislang sind nämlich Versuche von Hamburg Airport mangels Nachfrage gescheitert, einen Direktflug nach New York zu etablieren.
Jetlag wird reduziert
Für die Kabinenausstattung entschied sich das Hamburger Konzern für das System „Airspace“, dass vor einigen Jahren eingeführt wurde. In einer Zweiklassen-Ausstattung soll die A321XLR für ca. 180 bis 220 Passagiere ausgestattet sein. Ingo Wuggetzer, Vice President des Kabinenmarketing bei Airbus präzisierte noch einmal: „Die Airspace-Kabinen, die wir auch in der A321XLR anbieten werden, sind komplett durch LED-Systeme beleuchtet. Wir können damit mehr als 16 Millionen Farben erzeugen und Jetlag um bis zu drei bis vier Stunden reduzieren.“ Zusätzlich sollen die Gepäckfächer 60 Prozent mehr Platz als zuvor bieten. Auf diese Weise können 40 Prozent größere Gepäckstücke aufgenommen werden. Sogar auf die Bedürfnisse der Pandemie wurde geachtet: „In den Sanitärräumen muss man nichts mehr berühren. Die Oberflächen sind zugleich antibakteriell beschichtet“, so Wuggetzer.
Branchenexperten schätzen die neue Maschine aus dem Hause Airbus als Werkzeug ein, um die Folgen der Pandemie zu überwinden. Weil die A321XLR mit ihrem Einsatzspektrum die Kurz-, Mittel-, und Langstrecken abdeckt, können neue Flugangebote zu überschaubaren Kosten aufgenommen werden.