Ein lokaler Gouverneur aus Russland behauptete, dass die Ukraine erstmals einen Luftangriff auf das russische Staatsgebiet ausübte. Darüber hinaus wirft die ukrainische Regierung Russland den Diebstahl von Medikamenten und mehreren Tonnen Lebensmittel vor.
Nach dem russischen Angriff eroberten ukrainische Streitkräfte laut dem Generalstab 29 Siedlungen in den Regionen Kiew und Tschernihiw zurück. In einer Mitteilung von Freitag heißt es, dass es sich um Gebiete handele, aus denen Russland einige Truppen abgezogen habe. Nordöstlich der Ukraine hielt die russische Blockade und der Beschuss der Städte Tschernihiw und Charkiw weiterhin an. Östlich und südlich der Ukraine versuchten russische Kräfte Städte wie Popasna und Mariupol einzunehmen, um das Territorium zu erweitern. Stadtkommandant in Kiew, General Mykola Schyrnow, sprach in einer veröffentlichten Mitteilung am Donnerstagabend von einer Entspannung der Lage. „Dank der standhaften Verteidigung und der heldenhaften Aktionen unserer Truppen verbessert sich die Situation rund um die Stadt“. „Das ukrainische Militär und Unterabteilungen des staatlichen Rettungsdienstes säubern und entminen die befreiten Gebiete“, so Schyrnow. In Außenbezirken der ukrainischen Hauptstadt wird aber weiterhin gekämpft. Trotz den Fortschritten wird die Bevölkerung aber zur Vorsicht aufgerufen. Unter anderem müssen Luftalarmsignale weiterhin beachtet werden. Nur unter Vorsicht könne die zivile Infrastruktur wiederhergestellt werden.
Gebiete bei Cherson
Nach eigenen Angaben der ukrainischen Truppen gelang es ihnen im südukrainischen Gebiet Cherson elf Siedlungen zurückzuerobern – dies passierte in den vergangenen Tagen. Das Verteidigungsministerium in Kiew teilte mit, dass den Truppen schwere russische Militärtechnik in die Hände gefallen sind, darunter Panzer vom Typ T-64. Durch den Erfolg bei Cherson können Einwohner nun wieder Lebensmittel und Medikamente empfangen. Eine der zurückeroberten Siedlungen liegt strategisch günstig am rechten Ufer des Flusses Dnipro. Falls ukrainische Truppen weiter im Cherson Gebiet vordringen könnten, werde auch die Großstadt Krywyj Rih entlastet. So wird verhindert, dass russische Einheiten die strategisch wichtige Stadt Mykolajiw vom Nachschub abschneiden.
Rotes Kreuz erreicht Mariupol nicht
Nach Angaben der Stadtverwaltung wird Mariupol weiterhin von der Außenwelt abgeschnitten. Ein Berater vom Bürgermeister Mariupols teilte am Freitag mit, dass es nicht möglich sei in die Stadt zu gelangen. Gleichzeitig sei es für Bewohner der Stadt gefährlich eine Flucht auf eigene Faust zu planen. Die russische Seite zeigt sich wenig kollegial – den Bewohnern wird es nicht ermöglicht sich in von der Ukraine kontrolliertes Territorium in Sicherheit zu bringen. Durch die kategorische Ablehnung der Besetzer werden sogar kleine Mengen humanitärer Hilfsgüter nicht in die Stadt durchgelassen.
Dabei konnte ein Hilfsteam des Roten Kreuzes die Stadt nicht erreichen. Dem Konvoi aus drei Fahrzeugen wurde es unmöglich gemacht, in die ukrainische Stadt zu gelangen, um Bewohner zu evakuieren – der Konvoi musste daher in die Stadt Saporischschja zurückkehren. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz mahnt aber: Damit ein Einsatz in Mariupol gelingen könne, sei es wichtig, dass beide Konfliktpartner sich an die Vereinbarung hielten.
Erster ukrainischer Luftangriff auf Russland
Russischen Angaben zufolge waren es einige Hubschrauber, die einen Angriff auf ein Treibstofflager in Russland ausführten. Die Armeehubschrauber überflogen das russische Territorium und attackierten direkt das Lager in Belgorod. Daraufhin sei im Lager ein Feuer ausgebrochen. Falls die Informationen stimmen, wäre dies der erste ukrainische Angriff auf Russland. Dabei dementiert die Ukraine allerdings die Angaben der russischen Seite konsequent. Der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine, Olexij Danilow, widersprach den russischen Behauptungen. „Aus irgendwelchen Gründen behaupten die, wir waren es“, sagte er im Fernsehen. „Nach den Informationen, die ich habe, entspricht das nicht der Wahrheit“, fügte Danilow hinzu.
Der Kreml reagiert und betont, dass der Angriff die Verhandlungen über eine Waffenruhe mit Kiew erschweren. „Damit werden natürlich keine günstigen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Verhandlungen geschaffen“, so Kreml Sprecher Dmitri Peskow. Die Verhandlungen zwischen Russland und Ukraine werden in einer Konferenz am Freitag weitergeführt.