Mehrere deutsche Museen wollen im nächsten Jahr gestohlene Benin-Bronzen an Nigeria zurückgeben. Das verkündete Außenminister Heiko Maas, nachdem in einer online-Versammlung mit einigen politischen Verantwortlichen und Museumsexpert*innen darüber diskutiert wurde.
Die Entscheidung zur Rückgabe wird vom Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger als „historischer Schritt“ bezeichnet. „Wir stellen uns der historischen und moralischen Verantwortung, Deutschlands, koloniale Vergangenheit ans Licht zu holen und aufzuarbeiten“, erklärt Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Die Rückgabe der Benin-Bronzen bezeichnet sie als ersten „Prüfstein“ für die weitere Aufarbeitung. Bis Juni diesen Jahres soll es eine öffentliche online Ausstellung mit den Kunststücken geben, die dann schon 2022 zurückgegeben werden sollen, so Parzinger. Die gesamte Raubkunst aus Benin soll dabei auf einer Website eingelesen werden, die auch die Herkunft dieser einzelnen Objekte dokumentieren soll. Parzinger bestätigt, dass mit den nigerianischen Museen „Gespräche über substanzielle Rückgaben und künftige Kooperationen“ am Laufen sind. Im Juni soll außerdem ein grober Plan zum Verfahren der Rückgabe ausgeklügelt werden: „Wir werden dann sicher noch nicht über einzelne Objekte entscheiden, das muss mit Nigeria besprochen werden. Aber es wird, davon gehe ich jetzt mal aus, einen richtungsweisenden Beschluss geben“, bestätigt Hermann Parzinger. Außenminister Heiko Maas beschrieb die Entscheidung als einen „Wendepunkt im Umgang mit der Kolonialgeschichte“ und erklärt, die Arbeit daran gab es bereits seit einigen Monaten.
Der Leiter der Kulturabteilung des Außenministeriums flog bereits letzten Monat nach Benin City und sprach mit dem Gouverneur der Provinz Edo einige Details ab. „Wir haben die Frage der Museumszusammenarbeit mit Afrika auf die politische Agenda gesetzt und das Gespräch mit unseren nigerianischen Partnern, dem Architekten und den Initiatoren des Benin-Museums gesucht“, so Maas. Er erklärte, dass auch künftig mit dem Land Nigeria in Sachen Kultur zusammengearbeitet werden soll, beispielsweise bei der Ausbildung von Museumsmanager*innen und Kurator*innen. Parzinger hofft außerdem, dass bei den Verhandlungen auch besprochen wird, „wie Benin-Bronzen als Teil des künstlerischen Erbes der Menschheit auch künftig in Deutschland gezeigt werden können.“
Die Entscheidung über die Rückgabe und die weitere Zusammenarbeit wird von vielen Seiten als Erfolg beschrieben, doch Historiker und Afrikawissenschaftler Jürgen Zimmerer bleibt skeptisch: „So erfreulich das einmütige Bekenntnis zur substanziellen Restitution ist, so enttäuschend ist das Ergebnis des Benin-Gipfels insgesamt“, erklärt er, denn bereits in den letzten Jahren wurde oft von einer materiellen Rückgabe gesprochen, die dann nie stattgefunden hat. Er kritisiert, dass nur von einer Teilrückgabe die Rede ist und nicht von einer „bedingungsloser Verpflichtung zur Rückgabe von Raubkunst“. Zimmerer befürchtet, dass nur der Teil wieder nach Nigeria kommt, der nicht ihnen nicht mehr länger ausgeschlagen werden kann. Sein Vorschlag: Den nigerianischen Partner*innen die gesamte Raubkunst zurückzugeben und sie anschließend zu fragen, ob einige Bronzen hierzulande ausgestellt werden dürfen. „Die Geste wäre grandios, eines wahrhaft dekolonialen Humboltforums mit Weltgeltung würdig“, bestätigt er. Die beschlossene Teilrückgabe beschreibt er als „Rettung dieses preußischen Disneylands“.
Die Bronzestatuen befinden sich derzeit in verschiedenen Museen Deutschlands. Der Großteil davon kommt aus der britischen Plünderung Benins, was heute zu Nigeria gehört, vom Jahr 1897. Die Plünderung fand unter Hilfeleistung deutscher Armeen statt. Die gestohlenen Bronzen wurden auf 161 Museen weltweit verteilt. Allein im Humboltforum in Berlin stehen 440 Stück, im British Museum in London noch mehr. Die Kunstwerke schmückten damals den Königspalast in Benin und bestehen vor allem aus Metalltafeln und Skulpturen, die hauptsächlich Tiere und Menschen darstellen. Bereits seit 1960 fordert Nigeria die Rückgabe von geraubten Kulturgütern, so wie andere ehemals kolonialisierte Länder. Laut der taz gab es auch in anderen westlichen Ländern die Ankündigung Raubkunst wieder in ihr Ursprungsland zu geben. Aberdeen in Schottland und Washington D.C. kündigten an ihre gestohlenen Ausstellungsstücke zurückzubringen, doch wirklich passiert ist bisher noch nichts. Daher bleibt es zu hoffen, dass Deutschland in dem Bezug als Vorreiter fungiert und, dass die Kolonialgeschichte so weiter aufgeklärt wird.