Die Preise sind niedrig und die Nachfrage nach Schweinefleisch sinkt trotzdem weiterhin. Die derzeitige Lage wirft Fragen auf: Wie können Landwirte ihre Tierhaltung und die Fleischqualität in dieser Situation verbessern? – Und was werden Landwirtschaftsminister Cem Özdemirs nächste Schritte sein?
Es gehörte lange zur deutschen Esskultur – das panierte Schweineschnitzel. Das Image des Gerichts hat durch die Tierschutzskandale und Umweltprobleme in den letzten Jahren stark gelitten. Das war der Grund, warum die Nachfrage bis heute stetig sank.
Zusätzlich sind Absatzmärkte in Asien aufgelöst worden, weil die Afrikanische Schweinepest weltweit für niedrige Schweinepreise sorgte. Das Statistische Bundesamt veröffentlichte ihre Recherche: Die Zahl der schweinehaltenden Betriebe in den vergangenen zehn Jahren sank um 40 Prozent.
Die Situation produziert nur Verlierer – und das weltweit
Cem Özdemir, der neue Bundeslandwirtschaftsminister, ist sich sicher: Die Lage ist düster und noch ist keine Besserung in Sicht. Die gegenwärtige Situation hat keine Gewinner – Bauer, Konsumenten und auch die Tiere haben eine schwere Zeit. Dabei fordert Özdemir und zahlreiche Wissenschaftler schon einige Jahre, dass Tiere besser und mit mehr Platz gehalten werden müssen. Greenpeace hält die aktuelle Tierhaltung der meisten Einrichtungen sogar für tierschutzwidrig. Doch wie sollen Landwirte die Haltung verbessern, wenn schlichtweg das Geld und die Nachfrage fehlt?
Staatliche Tierschutz-Finanzierung
„Hochgradig verunsichert“ zeigen sich Landwirte, ob sie das viele Geld in die Hand nehmen sollten, um die Haltung der Tiere zu verbessern, gibt Agrarwissenschaftler Achim Spiller preis. Er fordert eine staatliche Absicherung der Tierschutz-Mehrkosten – „Das wäre der klarste Weg“. Özdemir zeigt sich offen und stimmt zu, dass die Förderstruktur umgebaut werden muss. So können Tiere mehr honoriert und den Landwirten unter die Arme gegriffen werden. Wie die Umstrukturierung von statten gehen soll lässt der Grünen-Politiker allerdings noch offen.
Höhere Preise auf Schweinefleisch?
Zusätzlich zu den Umstrukturierungsplanungen ist Özdemir der Meinung, die Menschen müssten mehr für Fleisch bezahlen. Dabei betont er aber, dass Fleisch kein Luxusprodukt werden soll – die Kosten der Bauer und Bäuerinnen sollte es aber decken. Ein System, das mehr Klimaschutz und Tierwohl gebe, dabei Bauern besser verdienen und das Produkt am Ende wenig kostet, ist aber wohl nicht möglich.
Aldi stellt bereits um
Im Sommer entschied sich der Discounter überraschenderweise bis 2030 nur noch Frischfleisch von Tieren aus besseren Haltungen anzubieten – das seien Ställe mit frischer Luft oder sogar mit Auslauf. Allerdings macht das Angebot des Frischfleischs nur etwa 40 Prozent des Sortiments aus. Doch eins ist klar: Es ist immerhin eine Entwicklung in die richtige Richtung – ein gewaltiger Umbruch für die Landwirtschaft.
Die Interessensgemeinschaft der Schweinehalter in Deutschland weist darauf hin, der Umbau zu Ställen mit Auslauf und Außenklima habe für die Schweinehalter eine ähnliche Bedeutung wie die Abkehr vom Verbrennungsmotor für die Automobilindustrie.
Der Tierwohl-Aufschlag gilt nicht für Schwänze und Pfoten
Doch die gewünschten Veränderungen sind weiterhin herausfordernd: Der Aufschlag wird nicht für das komplette Schwein gezahlt. Weil Filets, Schnitzel, Koteletts und Nacken in Deutschland besonders beliebt sind, werden auch nur auf diese der Aufschlag bezahlt. Pfoten, Schwänze und Schnauzen erfahren hierzulande keine Beliebtheit. Diese werden vielfach nach Asien exportiert. Hinzu kommt, dass Verbraucher beim Außer-Haus-Verzehr im Restaurant meist nicht nachvollziehen können, wie das Tier gehalten worden ist, von dem das Fleisch stammt.
Haltungskennzeichnung
Greenpeace fordert ein gesetzlich verpflichtendes Haltungskennzeichen. Dieses soll nicht nur für Fleisch im Supermarkt, sondern auch für Fleischprodukte im Handel, Großhandel und Gastronomie gelten. Doch Özdemir erklärt, dass die geplante Kennzeichnung offenbar erst einmal nur im Handel kommen wird und nicht in der Gastronomie.
Gleichzeitig möchte Greenpeace die Verbesserungen in der Tierhaltung nicht allein der Branche und den Verbrauchern überlassen. Nun fordert die Institution eine Verschärfung der Nutztierhaltungsverordnung – Das Ziel: Das Tier soll mehr Platz bekommen und tierschutzwidrige Haltungen praktisch unmöglich machen. Danach rufen Tierschützer aus der ganzen Welt seit Jahren. Sie wissen, wie rücksichtslos mit dem Leben und Sterben der Tiere jahrzehntelang umgegangen wurde und wie die Qualität des Fleisches gelitten hatte und immer minderwertiger geworden ist. Aber das soll sich nun ändern.