Die Impfungen in den Vereinigten Staaten gehen schnell voran. Nun werden erste Beschränkungen gelockert. Das CDC (US-Gesundheitsbehörde) hat dazu neue Maßgaben für soziale Kontakte formuliert. Treffen ohne Abstand und Masken sollen wieder möglich sein – allerdings nur für voll geimpfte Menschen.
Die Impfkampagne in den USA läuft auf Hochtouren. In Anbetracht der großen Fortschritte bei den Corona-Impfungen sollen auch wieder mehr soziale Kontakte in den Vereinigten Staaten ermöglicht werden. Dazu hat die amerikanische Gesundheitsbehörde, Centers for Disease Crontrol and Prevention (CDC), am Montag neue Empfehlungen veröffentlicht, nach denen Menschen in geschlossenen Räumen in kleinen privaten Runden wieder ohne Maske und Mindestabstand zusammenkommen dürfen. Allerdings sind diese Lockerungen nur voll geimpften Amerikanerinnen und Amerikanern vorbehalten. In den Vereinigten Staaten haben laut CDC bisher 59 Millionen Menschen mindestens eine Impfdosis erhalten und rund 31 Millionen Menschen sogar schon zwei Dosen. Bislang sind drei verschieden Impfstoffe in den USA verfügbar: Die Impfstoffe der Unternehmen Moderna sowie Biontech/Pfizer und der Firma JohNson & Johnson. „Vollständig geimpft“ bedeutet laut den Vorgaben des CSC, dass vor dem Treffen mit anderen mindestens zwei Wochen seit der letzten erforderlichen Impfdosis verstrichen sein müssen.
Darüber hinaus müssen sich bereits Immunisierte nach dem Kontakt mit einer positiv auf Covid-19 getesteten Person nicht mehr länger in Quarantäne begeben, sofern sie keine Symptome entwickeln. Voll Geimpfte dürfen sich mit Ungeimpften treffen, aber nur, wenn diese nicht zu einer Risikogruppe gehören beispielsweise aufgrund ihres Alters oder eine Vorerkrankung. Diese Empfehlung kommt vor allem Familien zugute, die sich lange Zeit nicht sehen konnten. So sollen etwa voll geimpfte Großeltern ihre Enkelkinder wieder besuchen dürfen, auch wenn diese noch nicht geimpft sind.
Allerdings sind die ersten Lockerungen keine Entwarnung. In der Öffentlichkeit in den Vereinigten Staaten gibt es weiterhin strengen Vorgaben, die eingehalten werden müssen. Die Direktorin des CDC; Rochelle Walensky betonte, außerhalb von geschlossenen Räumen werde nach wie vor für alle – Geimpfte und Ungeimpfte – dringend empfohlen, eine Maske zu tragen, Abstand zu halten und größere Menschenansammlungen zu meiden. Zudem sei von nicht unbedingt notwendigen Reisen abzusehen. Dennoch lockern viele Bundesstaaten ungeachtet dessen zunehmend die Corona-Beschränkungen. So gilt seit Mittwoch in den Bundestaaten Texas und Mississippi keine Maskenpflicht mehr. Experten warnen, dass dies zu einem erneuten Anstieg der Infiziertenzahlen führen kann, vor allem, da sich auch die Virus-Mutationen in den USA verbreiten.
Dennoch liegen die Vereinigten Staaten auf Platz 4 der globalen Impfkampagne (Stand 8. März 2021). Laut Andy Salvitt, einem ranghohen Corona-Berater aus dem Weißen Haus, seien zuletzt im Tagesschnitt 2,2 Millionen Impfdosen verabreicht worden. Vergangenen Samstag wurde mit 2,9 Millionen verabreichten Impfdosen ein neuer Höchstwert erreicht. Walensky betonte, dass es sich bei den neuen Empfehlungen um einen „wichtigen ersten Schritt“ handele. Mit dem Voranschreiten des Impfprogramms sollen die Empfehlungen nach und nach angepasst werden. Doch die Lage sei weiterhin „sehr ernst“.
Auch in Deutschland wird über Lockerungen für voll Geimpfte diskutiert. Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Erwin Rüddel (CDU), sagte gegenüber der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (FAS), er finde es „legitim, wenn Geimpfte schneller wieder mehr Möglichkeiten haben, beispielsweise durch Besuche im Fitnessstudio oder in der Gastronomie. Die Leute schützen nicht nur sich, sondern auch andere, das darf meiner Meinung nach belohnt werden. Wir wollen das nicht regulieren, sondern sich entwickeln lassen.“ Ziel sei es dadurch Impfskeptikern einen Anreiz zu schaffen, indem Unternehmen gegen COVID-19 Geimpfte Bürgerinnen und Bürger bevorzugen.
Doch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist gegen die Bevorzugung von Geimpften gegenüber Nicht-Geimpften. „Solange die Zahl der Geimpften noch so viel kleiner ist als die derjenigen, die auf die Impfung warten, sollte der Staat beide Gruppen nicht unterschiedlich behandeln“, äußerte die Bundeskanzlerin gegenüber der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) und ergänzte, dass man sich von staatlicher Seite nur wenig einmischen könne. Zudem müsse „eindeutig“ geklärt sein, dass geimpfte Bürgerinnen und Bürger nicht mehr ansteckend seien. Allerdings macht Merkel zugleich klar, dass sich der Umgang mit Geimpften und Nicht-Geimpften ändern könne. „Wenn wir genügend Menschen ein Impfangebot gemacht haben werden und sich einige partout nicht impfen lassen wollen, wird man überlegen müssen, ob es in bestimmten Bereichen Öffnungen und Zugänge nur für Geimpfte geben soll. Aber da sind wir noch nicht.“
Die Meinungen in der Politik spalten sich also. Die Vorsitzende des Ethikrats, Alena Buyx, sieht noch keinen Anlass, Geimpften mehr Freiheiten zu gewähren. Es gehe bei den Vorteilen für Geimpfte „auch um Gerechtigkeitsfragen. Diejenigen, die schon geimpft werden können, hätten in doppelter Hinsicht einen Vorteil. Sie bekämen früher den Schutz und sie erhielten früher Freiheitsrechte zurück. Die anderen hätten den doppelten Nachteil“, so Buyx. Zudem empfiehlt die Vorsitzende keine Impflicht einzuführen. „Es gibt eine moralische Pflicht, sich gegen Corona impfen zu lassen, oft begründet als Solidarpflicht des Individuums. Wir haben uns mit dem Blick auf die Selbstbestimmung aber klar gegen eine allgemeine, gesetzliche Impfpflicht ausgesprochen.“