Ein Stück Normalität: Nach monatelangen Ausgangsbeschränkungen und gesperrten Grenzen dürfen sich in fast allen europäischen Ländern die Bewohner wieder frei bewegen. Das gilt auch für den durch die Coronakrise lahmgelegten Reiseverkehr.
Für die Deutschen, die in der Eigenquarantäne von Ferien im In- und Ausland träumen und ihren Wunschurlaub am Strand, in den Bergen oder in den Metropolen dieser Welt planen konnten, ist die wiedergewonnene Freiheit ein zweischneidiges Schwert.
Zwar sind die ersten Touristenflüge bereits wieder gestartet und die Hauptreiseländer wie Griechenland, Portugal und Italien, deren Wirtschaft stark vom Tourismus abhängt, werben um Urlauber. Doch noch lassen viele Leute Vorsicht walten, wenn es ums Reisen in die Fremde geht.
Mit Warnungen vor einer möglichen zweiten Covid-Welle und frischen Erinnerungen an schlagartig verhängte Lockdowns und gestrichene Flüge, die im März und April die Luftfahrt um 85 Prozent reduziert hatten, kommt die Vorsicht. Statt aufs Flugzeug angewiesen zu sein und womöglich am Urlaubsziel festzusitzen, bevorzugen viele Leute das eigene Auto und gegebenenfalls das eigene Land. Sich selbst ans Steuer zu setzen hat zudem den Vorteil, zu wissen, mit wem man das Fahrzeug teilt.
Während in der schlimmsten Phase der Pandemie spekuliert wurde, dass ein Teil der Flugzeugsitze künftig freigelassen werden, um Sicherheitsabstände zu schaffen, sieht die Realität anders aus. Zwar sehen die Leitlinien der EU-Kommission vor, Plätze freizulassen, aber nur, wenn es die Auslastung des Fluges zulässt. Im Klartext: Wenn sich mehr Tickets verkaufen lassen, wird es weiterhin voll belegte Dreierreihen im Flugzeug geben.
Für die Reisebranche, die monatelang keine Einnahmen hatte, geht es teilweise ums Überleben. Die Urlauber selbst werden sich auf einige Veränderungen gefasst machen. Wie Dosensardinen am Strand von Mallorca oder Ibiza liegen, am Hotelbüffet Schlange stehen und sich in großen Gruppen Sehenswürdigkeiten angucken wird in der bisherigen Form zumindest längere Zeit nicht mehr vorkommen.
Um den Urlaubsspaß für die Touristen so sicher wie möglich zu gestalten und dabei die heimische Wirtschaft zu erhalten, werden in vielen Ländern neue Hygienevorschriften entwickelt. Dazu gehören Mindestabstände voneinander an den Stränden und in Restaurants, Höchstzeiten auf Liegen am Pool und Online-Buchungen für Sehenswürdigkeiten, die das Anstehen um Tickets wegfallen lassen.
Die Abkehr vom Massentourismus in seiner alten Form bedeutet aber auch neue Chancen für bewussteren, umweltfreundlicheren Urlaub. Experten sehen zudem ein Wiederaufleben von Pauschalreisen aus, bei denen im Falle einer neuen Coronakrise und damit verbundenen Ausfällen oder Hotel- und Flugzeugpleiten die Reisenden zumindest finanziell abgesichert sind. Wer im Hotel Vollpension hat, braucht sich zudem keine Gedanken darüber machen, ob sich überhaupt eine Restaurantbuchung machen lässt.
Jedes Land hat zurzeit seine eigenen, von der jeweiligen Corona-Situation abhängigen Regeln. In Irland gelten zum Beispiel noch 14 Tage Eigenquarantäne nach dem Eintreffen auf der Grünen Insel und Pubs sind noch geschlossen, während in Griechenland Tavernen, Badestrände und Saisonhotels bereits wieder geöffnet sind. Auch in Frankreich und Italien können Einheimische und Gäste wieder in Cafes sitzen und in Hotels, Ferienhäusern und auf Campingplätzen absteigen. Masken sind vielerorts zumindest in Museen vorgeschrieben, aber da sich die Vorschriften jederzeit ändern können, gehören sie auf jeden Fall ins Reisegepäck, und wenn es nur ums eigene Sicherheitsgefühl geht. Normalität ist erst ein Stück weit zurückgekehrt.